Absolventen der EDV-Schulen in Plattling sind gefragt – Bereits 1987 gegründet – „Lehrplan sind die Betriebe“ 

Mit freundlicher Genehmigung der Deggendorfer Zeitung PNP (Melanie Bäumel-Schachtner)

Plattling. Es war geradezu visionär, dass der Landkreis Deggendorf unter Regie des damaligen Landrates Georg Karl (CSU) 1987 in Plattling eine eigene EDV-Schule gründete. Damals steckte die IT noch absolut in den Kinderschuhen. Ein Computer war riesig, brauchte immens Strom und die Programmiersprache hieß Cobol. In kaum einer Branche hat sich in den vergangenen Jahrzehnten so viel getan wie in der IT.

Doch in all den Zeiten des Wandels bei der Technik und der Art zu programmieren sind die Plattlinger EDV-Schulen eine echte Konstante – und der Zulauf ist ungebrochen. Denn die Schulen sind nicht nur am Puls der Zeit, sondern haben ihr Ohr auch direkt bei den Betrieben. Wer seine Abschlussprüfung in der Tasche hat, ist danach gefragt, erklären Schulleiter Martin Griebl und sein Stellvertreter Klaus Krieger.

Bildungszentrum besteht aus zwei Einrichtungen

Die EDV-Schulen bestehen aus zwei verschiedenen Einrichtungen: Einer Schule zur beruflichen Erstausbildung, aus der Fachinformatiker für Systemintegration und Fachinformatiker für Anwendungsentwicklung hervorgehen. Nach erfolgreich abgelegter IHK-Prüfung haben die Absolventen den Status von Gesellen. Die zweite Säule ist die Fachschule für Wirtschaftsinformatik, die Schüler mit einer bereits abgeschlossenen Berufsausbildung zum Wirtschaftsinformatiker (Bachelor Professional) weiterbildet – vergleichbar mit einem Meistertitel, dem Techniker oder Fachwirt oder einem Bachelor-Studium.

Wer seine schulische Laufbahn zum Fachinformatiker beginnen will, der braucht mindestens mittlere Reife. Qualischüler werden grundsätzlich auch angenommen, wenn die Zensuren gut genug sind. „Ich empfehle ihnen aber, vorher unbedingt noch den M-Zug zu machen“, sagt Martin Griebl. In jedem Fall ist eine umfassende Aufnahmeprüfung zu absolvieren. Dabei wird vor allem auch logisches Denken abgefragt. „Wer bei uns anfängt, der muss schon was im Kopf haben“, so der Schulleiter.

Im ersten Jahr starten sowohl Fachinformatiker für Systemintegration als auch für Anwendungsentwicklung mit den gleichen Grundlagen: „Das bedeutet, dass jeder in Ruhe schauen kann, welche Richtung ihm mehr liegt“, erklärt es der Schulleiter. Gerne mag Griebl auch Studienabbrecher, da diese schon eine Vorbildung haben und engagiert an die Ausbildung herangehen. Das tun aber grundsätzlich alle Schüler, sind sich Griebl und sein Stellvertreter einig: „Wir haben eine sehr harmonische Stimmung und überhaupt keine Motivationsprobleme.“

Davon profitieren die Betriebe der Region. Nach zweieinhalb Jahren Ausbildung geht es für die EDV-Schüler ins halbjährige Praktikum in die Firmen. „Diese erhalten dann so gut wie fertige Informatiker, deren Wissen extrem in die Breite und in die Tiefe geht“, sagt Griebl. „Bei uns ist die Ausbildung viel tiefer und breiter als in einer Berufsschule, weil wir gleichzeitig Schule und Betrieb sind und dabei verschiedene Richtungen der IT abdecken müssen.“ Deshalb ist es auch keinerlei Problem für die EDV-Schüler, ein Praktikum zu bekommen, ganz im Gegenteil. In der Regel werden die Praktikanten mit Handkuss genommen und nach erfolgreicher Abschlussprüfung auch übernommen.

Da der Landkreis der Träger der EDV-Schulen ist, kommt der Lehrplan auch nicht vom Kultusministerium: „Unser Lehrplan sind die Betriebe.“ Das bedeutet, dass der Schulleiter und die 18 Lehrkräfte ganz nah dran an den Firmen sind und genau das in ihren Unterricht aufnehmen, was diese brauchen. Die Inhalte wandeln sich oft, so wie auch die IT-Welt sich wandelt, und bieten neben Theorie auch sehr viel Praxis. Die Firmen honorieren das, weiß Klaus Krieger: „Einige haben sich extra wegen der EDV-Schulen im Landkreis Deggendorf angesiedelt.“

„Für viele ist es der Eintritt in die IT-Branche“

Bei der zweiten Säule der EDV-Schulen, der Fachschule für Wirtschaftsinformatik, handelt es sich hingegen um eine Weiterqualifizierung. Laut Krieger ist die Voraussetzung, dass die Schüler einen Berufsabschluss und ein Jahr Berufserfahrung haben, es müssen aber keine Informatiker sein. Viele sind zum Beispiel auch Kaufleute oder etwa Elektroniker. „Die Schüler erreichen einen höheren Abschluss und für viele ist es der Eintritt in die IT-Branche, das notwendige Sprungbrett“, sagt er.

In beiden Schulen können insgesamt rund 180 Schüler unterrichtet werden. Diese müssen kein Schulgeld zahlen. Mehr sollen es nicht werden, auch wenn es eigentlich doppelt so viele Bewerber gibt. Denn wichtig ist sowohl Griebl als auch Krieger die Qualität der Absolventen und nicht die Quantität. Das zeichne die EDV-Schulen aus, daraus speise sich ihr hervorragender Ruf. Was sich die beiden aber durchaus wünschen würden, wären mehr Schülerinnen. Nur zehn Prozent derjenigen, die die Schulbank drücken, sind weiblich. „Wir machen jedes Jahr einen Girls’ Day – aber ich weiß nicht, warum die Mädels sich nicht trauen. Ich bin sicher, sie hätten es drauf“, sagt Griebl.

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Leiten die EDV-Schulen in Plattling (Lkr. Deggendorf): Martin Griebl (links) und sein Stellvertreter Klaus Krieger.

Foto: Bäumel-Schachtner

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